Superterz in Sankt Gertrud

Antoine Beuger
nichts Unerwartetes mehr
2015

In diesem Stück vertiefen sich die Ausführenden jeweils zu zweit darin, eines der spätesten Hölderlingedichten Silbe für Silbe singend für sich zu öffnen.

Alle Aufmerksamkeit gilt dabei dem jeweils anderen und, gemeinsam, dem Text.

So entsteht eine ganz stille, in sich gekehrte Klangwelt,

schwebend, leicht, versonnen

beinahe abwesend, gleitend

eine erhabene Monotonie

ein frohes, anstrengungsloses Glänzen 

eine Welt die völlig einheitlich lauter ist,

in der sich nichts Unerwartetes mehr ereignen kann

die aber gleichzeitig von Bezogenheit aufeinander getragen wird:

alles offen, glänzend, unendlich weit und doch ganz beisammen

Das ist die Welt, die Hölderlins späteste Gedichte als eine uns offenstehende Wirklichkeit andeuten, eine Welt, in der wir

die glückliche Erfahrung

machen können,

nichts mehr halten zu müssen, sich ins Unendliche öffnen zu können, auch nichts mehr suchen und unterscheiden zu müssen und odoch bei diesem Erleben eine neue und gute Wirklichkeit zu finden. *

* Kursiv gedruckte Sätze und Phrasen wurden zitiert aus:

Wilfried Thürmer, Zur poetischen Verfahrensweise in der spätesten Lyrik Hölderlins (Marburg, 1970)
 


 

Superterz: Live und in Farbe

[coll_columns width=“12″]MUSIK AUS VIER JAHRHUNDERTEN – UND AUS ALLEN VIER WINDRICHTUNGEN[/coll_columns]

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Waldemar Åhlén(1894-1982)
Schweden
Sommarpsalm
(Text: Carl David af Wirsén)

Carlotta Ferrari (1975)
Italien
Nos sumus in mundo (Text: Hildegard von Bingen)

Philip Glass (1937)
USA
Knee Play 1 (aus: Einstein on the Beach – 1976)

Giacomo Carissimi (1605 – 1674)
Italien
Plorate Filii Israel (aus dem Oratorium: Jephte)

Dmitri Bortnjanski (1751 – 1825)
Ukraine
Da ispravitsa (Verse aus Psalm 141, russisch-orthodoxe Liturgie)

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
Österreich
Ave verum
(Text: 13. Jahrhundert)

Pärt Uusberg (1986)
Estland
Valgusele
(“An das Licht”, Text: Ernst Enno)

Wilhelm Peterson-Berger (1867 – 1942)
Schweden
Stemning
(Text: J.P: Jacobsen)

Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 – 1847)
Deutschland
Zum Abendsegen

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THE GREAT LEARNING – SCHÖN WAR`S

CORNELIUS CARDEW – THE GREAT LEARNING – PARAGRAPH 3 & 4 from Superterz e.V. – gemischter Chor on Vimeo.

Superterz e.V. – gemischter Chor aus Köln

Nicole Ferrein Stimme
Irene Kurka Stimme
Martin Lindsay Stimme
Michael Veltman Stimme
Dominik Susteck Orgel
Anke Barth Violoncello
Fabian Berghofer Kontrabass
Susanne Fassnacht Fagott
Martin Ingenhütt Kontrabass
Melvyn Poore Tuba
Fanja Raum Saxophon
Heather Roche Klarinette
Carl Rosman Klarinette

Antoine Beuger Dirigent
John McAlpine Künstlerische Leitung
Albrecht Zummach Koordination

Cornelius Cardew
Paragraph 4. Für Chor und Orgel (1970)
aus: The Great Learning (1968-1970)

Cornelius Cardew
Paragraph 3. Für tiefe Instrumente und Stimmen (1970)
aus: The Great Learning (1968-1970)

Generalprobe vom 29. Mai 2015

Vorankündigung zu ON@ACHT BRÜCKEN im Kölner Stadtanzeiger Nr. 88

ON@ACHT BRÜCKEN Streifzug durch die musikalische Avantgarde

  

Das Festivalthema „Musik. Politik?“ wird auf eine düstere, dystopische Art interpretiert, die vielleicht gar nicht so weit in der Zukunft liegt.  Foto: Matthias Muche

Bei ON@ACHT BRÜCKEN präsentiert sich die freie Szene der zeitgenössischen Musik in Köln. Der Querschnitt, der davon in diesem Jahr in dem Festival zu sehen ist, ist schier beeindruckend.  Von Daniel Mennicken

Werke vom Ende der 1960er Jahre bis heute, Musiker mehrerer Generationen, gestandene Profis und begeisterte Laien sowie eine musikalische Bandbreite vom traditionellen Ensemble bis zur multimedialen Installation – das erwartet die Besucher bei ON@ACHT BRÜCKEN.

Am Puls der Avantgarde

Den Puls der Avantgarde zu spüren ist ein spannendes, ein aufregendes Erlebnis, und dazu laden in diesem Jahr zum Festivalbeginn gleich vier Veranstaltungen ein: In „Die Kunst der Überwachung“ treffen das Ensemble Tonverbrechung und das Kollektiv RaumZeitPiraten aufeinander. Hier paart sich frei improvisierte Musik mit interaktiver Licht- und Videokunst, ergänzt durch die Lyrik der Wiener Autorin Sophie Reyer.

Das Festivalthema „Musik. Politik?“ wird auf eine düstere, dystopische Art interpretiert, die vielleicht gar nicht so weit in der Zukunft liegt, wie mancher glauben möchte. Wie öffentlich will ich sein, in einer komplett vernetzten Welt. Wie privat kann ich sein? Das Auftaktkonzert des Festivals in der Kunsthochschule für Medien Köln ist vielleicht gar das politisch virulenteste desselben.

BRuCH-Ensemble

Deutlich „klassischer“, wenn auch kein bisschen seichter, sind die vier Musikerinnen des Ensembles BRuCH im Anschluss zu hören. BRuCH gehören, 2013 gegründet, noch zu den jungen Gewächsen der Kölner Ensemblelandschaft und ON@ACHT BRÜCKEN ist eine der derzeit wenigen Gelegenheiten, die Künstlerinnen vor Ort zu erleben. Durch die ungewöhnliche Besetzung mit Querflöte, Violoncello, Klavier und Stimme drängt sich die Beschäftigung mit dem Thema Sprache/Atem geradezu auf. Und so steht nicht zufällig Helmut Lachenmanns zentral für die ästhetische Ausrichtung des Quartetts.

Experimentelle Klänge

Ein ideales Team experimenteller Klänge findet im Anschluss in der Kunst-Station Sankt Peter zusammen, einem der wichtigsten Orte für zeitgenössische Musik in Köln. Matthias Muche, Sven Hahne, Dominik Susteck, Carl Ludwig Huebsch, Brad Henkel und Simon Rummel stehen jeder für sich für handwerkliche Perfektion und herausragende künstlerische Positionen zwischen „klassischer“ Neuer Musik, Medienkunst und Improvisation. Die Kombination von Vinko Globokars „Individuum <-> Collectivum“ mit Werken aus der Feder von Matthias Muche und Simon Rummel selbst verspricht ein sowohl klanglich als auch interpretatorisch abwechslungsreiches und spannendes Konzert.

Das Highlight des Abends

Wer dann schon nach Hause geht, lässt sich das größte Happening jedoch entgehen: Der Chor Superterz und das Projektensemble 12 füllen nicht nur die Bühne mit einer Vielzahl an Instrumentalisten und Sängern, sondern sind in der Zusammensetzung aus Profi s, Laien, Schülern und Studenten ein Paradebeispiel dafür, dass neue Musik nicht nur einem kleinen elitären Kreis von Auserwählte vorbehalten ist, sondern als gemeinsames Erlebnis zu vereinen vermag. Und welches Werk könnte dazu besser passen als Cornelius Cardews The Great Learning, das genau diesen Gedanken der Verbindung von Profis und Laien in den Mittelpunkt stellt.

Das älteste Werk des Abends hat in seiner Bedeutung möglicherweise auch heute noch mehr verbindendes Potential als so manche Uraufführung unserer Tage. Die Bedeutung der freien Musikszene für Köln lässt sich auch an einem so umfangreichen Abend nur erahnen. Allen Künstlern gemein sind die ungemeine Kreativität, das schier unerschöpfliche künstlerische Potential und der unablässige Drang, Neues zu schaffen. Und das hinweg über Stile und Sparten, über Ansichten und Standpunkte, über Herkunft und Generationen.

Termin: Donnerstag, 30.04.2015, 17:00 – 21:00 Uhr

Weitere Informationen finden Sie auf achtbruecken.de

Quelle:

MENNICKEN, Daniel: ON@ACHT BRÜCKEN Streifzug durch die musikalische Avantgarde. In: Kölner Stadtanzeiger Nr. 88 vom 16. April 2015, Kölner Philharmonie Spezial, Seite 2